Unabhängige Alternativschule

FREISUSE

Gründungsinitiative
Kind im Wald

Schule, Gesellschaft und Gemeinschaft

Grundzusammenhang

Im Rahmen eines endlos wirkenden ideologisch gleichwohl soziologischen Wechselspiels dieser zivilisatorischen Körperschaften greifen wir als erstes auf das präsenteste Ab- bzw. Spiegelbild von Gesellschaft und Gemeinschaft zu, mit dem jeder von uns über einen definierten Zeitraum in mehr oder weniger freiwilliger, aber vor allem erzwungener Partnerschaft einen Großteil seiner Kindheit und Jugend zugebracht hat – der Schule.

Wenn Schule allgemein betrachtet und von ihrem Istzustand ausgehend in garantierter Art und Weise Rückschlüsse auf ihre gesellschaftliche oder gemeinschaftliche Herkunft zulässt, verkörpert sie das qualitative Substrat und Rechenschaftsobjekt dieses jeweiligen Ursprungs, denn als Ergebnis eines solchen Ableitungsprozesses ist Schule nichts anderes. Jedoch, und das ist diesbezüglich das entscheidende Momentum, sie kann es sein, muss es aber nicht. Das heißt, man wird an ihrem theoretischen Konzept, ihrem tatsächlichen Alltag, ihrer praktischen Sozialität, ihren funktionellen Normen und Werten und ihren humanistischen und ethischen Zielen erkennen können, welchem strukturellen Elternhaus sie entstammt.

Das begründet sich darin, dass man Gesellschaft und Gemeinschaft nur ableitbare Eigenschaften zueignen kann, das heißt, sie erfordern und besitzen Basiskonstitutionen und Grundkonstanten. Deren provozierenden Folgen können sich als positiv in dem Sinne erweisen, dass man sich mit ihnen im Großen und Ganzen identifiziert und sie übernimmt, oder dass das persönlich-individuelle Weltbild mit ihnen in Übereinstimmung gebracht werden kann. Sie gelten somit als Denk- und Handlungsprämissen, aus denen dann alles hervorgehen kann bzw. soll, was das Individuum Mensch in seiner ethischen und humanistischen Grundausrichtung charakterisiert.

Wenn man aber von der einen Form des Zusammenlebens in die andere wechseln möchte, also von Gesellschaft zu Gemeinschaft und umgekehrt bzw. den Transfer vollzieht, kann das positive Grundempfinden für die verlassene zivilisatorische „Gebindeform“ sehr oft seine Rechtfertigung verlieren und in ein negatives oder kritisches Gefühlsgemenge übergehen, weil es im neuen soziologischen Reglement keinen Eingang findet bzw. finden kann. Das heißt, es ist die hohe Wahrscheinlichkeit gegeben, dass es zu einer Ablehnung bzw. Neubewertung ehemals gelebter und verinnerlichter Normative kommt oder kommen muss oder gar zu ihrer Eliminierung führt bzw. unweigerlich führen muss. In diesem Fall geht dieser konsequente Prozess auch sehr oft mit dem Umstand einher, dass sie gar durch neue ersetzt werden bzw. ersetzt werden müssen.

Eine besondere Brisanz erhält hierbei der Tatbestand, wenn ein Kind, eine Jugendliche oder ein Jugendlicher von einer konventionellen Schulkonzeption in eine eher freiheitlich demokratisch oder soziokratische wechselt und umgekehrt. Da sie es sind, die diesen Wechsel ohne Ausweichmöglichkeit vollziehen müssen, sind sie in erster Linie diejenigen, die natürlich die Auswirkungen eines derartigen Wechsels am umfänglichsten und direktesten zu spüren bekommen und tragen sehr oft über lange Zeiträume daran. Im Gegenzug dazu, werden sie aber eher selten in den Entscheidungsprozess, der dem vorausgeht, mit einbezogen und stehen daher fast immer vor vollendeten Tatsachen. Verschärft werden kann ein solcher Umstand noch dadurch, wenn der Wechsel von einer eher freiheitlichen Schulkonzeption, in der sie zum Beispiel die Unterstufe absolviert haben, in eine dann konventionelle Schulform, in der sie die Oberstufe absolvieren sollen oder auch umgekehrt, gerade in dem für die individuelle Entwicklung eines jeden jungen Menschen wichtigen Reifestadium stattfindet.

Der Grund hierfür ist vor allem, dass das auf Emotionen wie auf Vernunft basierender Ebene erlernte Verständnis, welches in und für das ehemals direkte und indirekte soziale Umfeld, dem man entstammt, wie ein Wegweiser bzw. „Interaktionsvordruck“ oder eine „Integrationsschablone“ funktionierte, nun infrage gestellt ist. Der Begriff hierfür ist Prägung, welche uns unweigerlich in Fleisch und Blut übergegangen ist, weil wir sie in unseren frühen und späteren Kinder- als auch Jugendjahren, eben durch die sozialen gleichwohl institutionellen Vertreter, wie etwa Familie, Kindergarten und Schule, aufgrund ihrer unterschiedlichsten Konstellationen, erhalten haben. Selten ist sie in ihrer Komplexität und Einzigartigkeit ohne Komplikationen für die Betroffenen auf die andere, nun veränderte private, schulische wie auch öffentliche Alltagspraxis und die neuen sozialen Konstitutionen übertragbar.

Soziale Verbünde und Institutionen, also Familie, Kindergärten und Schule, sind die für die individuelle und ganzheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen die wichtigsten Stationen auf ihrem Lebensweg. Die Schule sei in diesem Kontext und aufgrund der vielfältigen Erwartungen und Forderungen, die an sie gerichtet sind, in ihren Denkmodellen und existenten Daseinsformen im Folgenden dabei besonders hervorgehoben.

Schule

Schule hat einen Zustand, einen Ausgangspunkt, ein Betätigungsfeld und verfügt zudem über ein nicht unerhebliches Repertoire an faszinierenden Kapazitäten. Sie funktioniert in aller Regel, eingebettet in und durch einen mehr oder weniger künstlichen wie auch eigen wirksam intuitiven Mechanismus, den wir gemeinhin auch in der Gesellschaft und Gemeinschaft wiederfinden, erleben und identifizieren – den ausgeprägten Willen an Bekanntem und Erprobtem festzuhalten, gleichwohl aber auch der Faszinationen des Neuen zu erliegen.

In die eine wie auch in die andere Qualitätsform von gemeinschaftlicher als auch gesellschaftlicher Interaktion, findet unser beglaubigtes Selbst Eingang in Gestalt eines unverwechselbaren Individuums, erfährt aber nichtsdestotrotz oft nur erhoffte Bestätigung und Annahme durch den Zustand einer angepassten und reibungslosen Persönlichkeit. Das gilt gleichermaßen für Gesellschaft und Gemeinschaft, wenn sie eine freiheitliche, offene und eine durch Vorurteile unbelastete Grundausrichtung nicht als ihr selbstverständlichstes Kernelement anerkennen.

Im Vergleich zur heutigen Form einer industrialisierten Gesellschaft, die in ihrer Grundstruktur mit der Vereinheitlichung der menschlichen Lebens- und Denkweise, die in ihr stattzufinden hat, ein verschworenes Tagewerk verrichtet, vermag eine offene und differenzierte Gemeinschaft, mit den unterschiedlichsten Charaktertypen, Ansprüchen, Daseinsformen und individuellen Lebenskonzepten kooperativ umzugehen, ja sogar sie so zu nutzen, dass hierdurch unweigerlich eine hohe Permanenz, ihren freiwilligen Zusammenhalt betreffend, herbeigeführt werden kann.

Der gegensätzlichen, somit gesellschaftlichen und konzentrierten Maßgabe, also der Beherrschung des individuellen Veräußerungswillens eines jungen Menschen sowie dessen Kontrollier- und Berechenbarkeit fortwährende Verlässlichkeit einzuräumen, können wir durch statische bzw. konventionell umgesetzte Schulkonzepte täglich wahrnehmen. Die Erfolge dieser zu verurteilenden und somit unethischen Maßgabe zeigen sich dadurch, dass das Kind bzw. der junge Mensch, den steten autoritären und administrativen Zwang verspürend, sich bewusst oder unbewusst dazu anhält, so zu leben und zu denken, wie es von ihm erwartet und mit nur kleinen Abweichungen toleriert wird.

Wenn dieser bei Kindern und Jugendlichen hofierte, subtil lancierte und pädagogisch begründete Selbstkonditionierungsprozess nicht umfassend greift oder sein Resultat sich nicht in das für sie vorgefertigte Lebensszenario einfügen lässt, erfolgt ein Einschreiten mit regulativen Ermahnungs- bzw. Disziplinierungsmaßnahmen. Die anvisierte Zielsetzung dieser Form von familiärer, aber vor allem konventionell gelagerter schulischer Erziehung ist die Heran- und Ausbildung von konzeptionell definierten und somit gefälligen „Persönlichkeiten“.

Gesellschaft

Wenn wir von Gesellschaft hören, über sie nachdenken oder uns auf sie beziehen, assoziieren wir ganz spontan und in erster Linie jene mit ihr, in der wir leben, verständlicherweise einen ausgeprägten Bezug zu diesem, unserem differenzierenden öffentlichen Bündnis. Im Kern haben wir hierbei ihre technologisch industriell ausgeprägte Fortschrittsgläubigkeit mit dem allgegenwärtigen und vitalen Konsum als entscheidende Basiskomponente und Triebfeder im Fokus.

Zum einen bestehend aus dem Individuum, angetrieben durch ein intellektuelles Bedürfnis nach Herausforderungen und freier Erhebung schöpferischen Ausdruckswillens, einer ambitionierten und scheinbar schier unerschöpflichen Schaffenskraft und dem unbedingten Verlangen nach strukturiertem wie auch assistierendem Zusammensein, indem es als subjektives Objekt auf seine unnachahmliche Bedeutung bezogen involviert ist.

Zum anderen aus einer erlernten Stimmigkeit in ihre mehrschichtig-komplexe Organisationsform, die herausgefordert, konzipiert und gesetzmäßig wird durch externe Koalitionen, interne Instanzen, formelle Abläufe, soziale Beziehungen und ökonomische Zuordnungen.

Als ein nach innen wirkender Reflex und nach außen verdeutlichte Abschottung liegt es im Wesen einer Gesellschaft fest verankert, dass sie ihre konstituierenden Werte und Normen ungefährdet, unverfälscht und als sakrosankt beschworen in die nächst tägliche Zukunft übertragen will.

In diesem vorbestimmten Zwang duldet sie selten berechtigte und herausfordernde Kritik, modellhafte Umstrukturierungen als auch hierarchieausschließende Korrespondenz in ihrem Gefüge. Sie schließt sich oftmals in eine fortwährende Wiederholung und Belebung ihrer sie gründenden und entwickelten Historie ein.

Die, aus denen sie sich zusammensetzt, also die vielen individuellen Persönlichkeiten, welche mit ihren Ambitionen und Visionen, ihrer freiwilligen, notwendigen oder erzwungenen Anordnungen und Erfahrungen sowie ihrem Erfolg hierbei nicht in eine verbrüdernde Abhängigkeit geraten wollen, verleihen ihr das Aroma und die Atmosphäre, welche sich als Nationalität manifestiert und sie unverwechselbar macht.

Aber Gesellschaft an sich, so wie sie heute schlechterdings nicht mehr vorkommt und eigentlich wieder als erstrebenswertes Ziel Reize setzen sollte, gilt als Assoziationskosmos und Sphäre für die Kulmination verschiedenartig gelagerter Persönlichkeiten mit Verhältnissen und Unentbehrlichkeiten, Absichten und Tauglichkeiten, Übereinkünften und innerer Kenntnis, betreffend die eigene elementare Bedeutsamkeit.

Somit könnten sie alle ihren individuellen Charakter dahingehend entfalten, vorhersehbare wie unvorhersehbare Situationen herausfordern, jeglichen Informationsfluss und dessen Gehalt in beabsichtigter wie unbeabsichtigter Art und Weise zu gewährleisten und frei von Zertifikaten nutzbar zu halten und nichtsdestoweniger bzw. gerade deswegen einem empfundenen Kulturkreis anzugehören.

Solch eine Gesellschaft umringt, verdichtet, regelt und schult sich in einer steten Abfolge qualitativer als auch quantitativer Rhythmen und Dekaden. Als Folge hieraus verfügt sie über ein peripheres, also gesamtgesellschaftliches Kräftemonopol, mit dem sie in freier Diktion ihre Substanz, ihren Charakter, ihr Kalkül und ihre Institutionen eigenverantwortlich komponieren und entwickeln kann. Sie gibt sich sozusagen eine nachvollziehbare, unbestechliche und zudem nur sie kennzeichnende, also individuelle Architektonik.

Rückschlüsse auf ihr Temperament, ihr Wesen, ihre Stärke und ihre Struktur ersehen wir in der Begabung, handelnde Verknüpfungen sowie fundamental ethische Infrastrukturen zu erzeugen, in deren Abfolge die daraus hervorgehenden Erkenntnisse zu neuen und somit zu nachahmungsfordernden Handlungspraktiken werden können.

Die gleichen Rückschlüsse erfahren wir darin, der zwingenden Anforderung nachzukommen, Dispositionen in sich, als gesellschaftliche Anordnung zu lokalisieren und in einem für alle wahrnehmbaren, mithin auch überzeugenden, barrierefreien und verständlichen Diskurs zu stellen; das gleiche gilt für die Aufnahmebereitschaft und Umgänglichkeit, betreffend fremde Werte und Normen, losgelöst ihres soziologischen und kulturellen Erbes.

Für eine Gesellschaft, die nicht zwingend eine Gemeinschaft sein muss, es aber vielleicht sein möchte, werden und können sich somit folgende entscheidende Fragen ergeben:

  • • Birgt sie ausreichend gegenseitiges Vertrauen in sich?
  • • Erzeugt sie hinlänglich emotionale Anbindung bzw. ein konsistentes und zwangloses Zugehörigkeitsgefühl?
  • • Wird entsprechend ihres Entwicklungsstandes eine praxiswirksame, homogen-klassenlose Spezifität und Diversität hinsichtlich des Zusammenlebens in ihr und durch sie erzeugt und etabliert?
  • • Setzt sie sich zusammen aus starren, dogmatischen und weisungsfordernden Kleinstformationen oder ist sie beweglich, interessiert und in ihrem grundverstandenen Selbstbildnis offen, prüfend und verantwortungsvoll eingestellt?

Es ist uns mehr oder weniger bewusst, mitbestimmendes Fragment jeweils einer gesellschaftlichen Körperlichkeit zu sein und als solches wahrgenommen zu werden.

Aus ihr heraus diffundieren variable Vorstellungen von Möglichkeiten, perspektivische Hoffnungen auf Entscheidungsfreiheit, was die eigene Existenz anbelangt als auch unverzichtbare Verpflichtungen, den innehabenden, selbstkräftigen Willen dahingehend zu veräußern, gesellschaftliche, gemeinschaftliche, aber vor allem eigene Erwartungen und Visionen mit dem allgegenwärtigen Schwerpunkt umzusetzen, die unabdingbare Daseinssicherheit in den Alltag zu engagieren, ohne jedoch die Verantwortung dafür abzugeben.

Auch hegen wir das Vertrauen, dass der Einfluss gerechtfertigt ist, den das gesellschaftliche Zusammenleben unaufhörlich auf uns ausübt und das Maß, indem es uns durch seine kennzeichnenden Parameter bewusst oder unbewusst korrumpiert. Wenn dieses Vertrauen aber mit unangebrachter Sorglosigkeit – betreffend die eigene Individualität und Souveränität – einhergeht, laufen wir Gefahr, ein manipuliertes Dasein zu führen.

Gemeinschaft

Innerhalb einer Gemeinschaftsstruktur, zudem beruhend auf ihre Größe, ist selbstverständlich auch die individuelle Persönlichkeit manipulierenden Momenten maßgeblich ausgesetzt. Jedoch besteht hierbei, im Gegensatz zur Struktur einer Gesellschaft, die Möglichkeit, direkten Einfluss auf sie zu nehmen. Dies kam und kommt nicht von ungefähr, da wir einer ganz außerordentlichen Form von Kleinstgesellschaft – der Familie – entstammen, in der wir schon früh in unserer Entwicklung gelernt haben, in einem bi- bzw. multilateralen Interaktionsaustausch zu stehen. Ähnlich wie auf familiärer Ebene haben wir auf gemeinschaftlicher Ebene eine weitestgehend unmittelbare Kenntnis, von wo und von wem der veränderungskompetente Impuls, mit dem wir mehr oder weniger direkt oder indirekt in Berührung kommen können bzw. werden, seinen Ausgang genommen hat.

Der Umfang an möglichen Identifikationsanforderungen, also den Momenten, die umdisponierend auf uns wirken sollen, ist auf familiärer und gesellschaftlicher Größenordnung begrenzt und dadurch offensichtlich. Das heißt, Familie und Gesellschaft in ihrer Größe betrachtet, sind eigentlich nur in der Lage, einen sehr begrenzten gesellschaftlichen Wertekatalog als Konditionierungsagenda zu adaptieren und bereitzuhalten, und das gereicht ihnen zum unwiderruflichen als auch unnachahmlichen Vorteil.

Sie, die Familie, stellt ein in sich und sich selbst gegenüber versprechendes Konsortium dar, welches in Anbetracht dieses Umstandes als eine reale Gemeinschaft anzusehen ist, die in ihrem Kern gänzlich andersartige Konsolidierungen als eine Gesellschaft bündelt. In aller Regel kennen und erkennen wir natürlich immer wieder diesen bestimmenden Lebensraum, unsere Herkunft, und bleiben über den Zeitraum unseres Lebens mit ihm verbunden.

Wir fühlen uns dort in aller Regel geborgen, wahrgenommen, solidarisiert und erhalten innerhalb dieses Gemeinwesens von den anderen "Kommunarden" Ansporn und Unterstützung, wenn wir während unserer unterschiedlichsten Entwicklungszyklen einmal „das Weite“ oder ihre Nähe suchen oder aus den sonst so bestimmenden Konventionen fliehen möchten, mit dem Ziel, uns auszuprobieren bzw. unserer Verwirklichung zu frönen.

Somit ist die Familie als Urform einer Gemeinschaft, enger sowie weiter gefasst, agierend, als frei von abstrakten Statuten altruistischer, sich selbst belehrender Organismus und soziales Refugium zu verstehen, das nur in dieser Form bestehend in der Lage ist, alle Mitglieder und Teilhaber dieser Gattung von Gemeinschaft in einem verbindlichen Vertrauenskodex zu erleben und zu beleben.

Ihr tiefliegendes Anliegen ist es, Anpassung an die gemeinschaftlichen Normen nur soweit zu fordern und zu fördern, als dass das geistige, psychische, seelische und physische Wohl der Mitglieder dieser Gemeinschaft nicht gefährdet ist. Die Individualität, die Persönlichkeit und der Charakter eines jeden in dieser Kleinstunion bildet hingegen ihre Substanz als auch ihren Schutz, und es würde unweigerlich einen Selbstauflösungsprozess in Gang setzen, sie einer direktiven Vereinheitlichung zu opfern, welches aber wiederum ein Grunderfordernis einer Gesellschaft darstellt.

Zudem ist Familie ihrer Fasson nach auch eine Arena, in der sich temperamentvoll streitende Widersacher, ehrgeizige Konkurrenten und argumentative Antiboten frei und auf Augenhöhe begegnen können. Bei allen internen und externen Versuchen, die Grundfeste einer familiären Gemeinschaft zu erschüttern, wird von keinem, der ihr angehört, vergessen, dass in ihr Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und solidarisches Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer äußerst widerstandsfähigen Basis verschmolzen sind und die somit den kompetenten Widerstand darstellt, um dem standhalten zu können.

In einem dazu nicht sofort auszumachenden Missverhältnis kann eine Gesellschaft, egal, um welche es sich hierbei handelt, uns das wiederum nur in sehr abgemilderter, also unzureichender Form bieten.

Dies, so scheint es, ist ein Widerspruch in sich, da wir uns doch alle im täglichen gesellschaftlichen Miteinander wahrnehmbar als kleinere gemeinschaftliche Zusammenschlüsse erleben und durch die Reizflutungen, die wir gerade durch sie verspüren und die Ansprüche sowie Angebote, die an uns gerichtet werden sowie die, die wir an andere richten, scheinbar erst die Vorstellungen oder Visionen entwickeln können, die zu einem nicht unerheblichen Teil das mitbestimmt, was allgemein als Lebensziel bezeichnet wird und sich folglich auch zum Lebensinhalt aufschwingen kann.

Jedoch vergessen wir hierbei sehr oft, dass in dieser Umgebung jeder gesellschaftlich orientierte Entfaltungswille nur dahingehend Früchte tragen kann, wenn wir gerade die gesellschaftlichen, auf Profit, Macht und Effizienz austarierten Regeln erkennen, verinnerlichen und benutzen, aber auch die sehr fragwürdige Professionalität ihrer Instanzen und Administrativen als unsere Weisungsgeber akzeptieren.

Dies aber unbeachtet, glauben wir uns einbezogen in einer eben größeren als der gewohnten „Gemeinschaft-Familie“ und genießen die neuen Freiheiten, die damit einhergehen und das trügerische Gefühl, scheinbar nur für uns verantwortlich zu sein. Der Grund hierfür ist, dass wir diese andere scheinbar grenzenlose Sozialität eines viel größeren zivilisatorischen Raums – die Gesellschaft – als ein Spiegelbild der vielen kleinen Gemeinschaften anerkennen, in denen wir sonst vertrauensvoll, entspannt und infolgedessen frei von einengenden Gefühlen aneinander lehnen können.

Aber es ist überaus wichtig, diese nicht sofort offensichtlichen Unterschiede bzw. Abweichungen zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft, die auch oft in Gegensätzlichkeiten münden, zu erfassen, da sie so überaus wichtig sind, um uns über ein schulisches Bildungskonzept aufgrund seiner Abstammung und Einbindung ein Urteil bilden zu können.

Bildungskonzeption

Nach mehr oder weniger erfolgreichem Durchleben eines konventionellen, schulischen Initiationsritus, welcher den intellektuellen Wirkungsbereich von Kindern und Jugendlichen in geistiger Tiefe entwickeln, bekräftigen und belastbar machen soll, kann es geschehen, dass sich das ursprüngliche Selbst junger Menschen von seiner Individualität lossagen muss, um zu überleben. Die bedauerlichen Folgen sind gesellschaftlicher Konformismus sowie Denken und Handeln in vorgefertigten Kategorien, die die Gesellschaft dann darüber hinaus und zuvorderst grundlegend in ihrer Wirkmächtigkeit fordert und autorisiert.

Das definiert nicht weniger als die vorherrschende Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche ihre Schulzeit sowie ihre Kindheit und Adoleszenz in erheblichem Maße umschließt, erlebten, erleben und leider weiterhin im großen Rahmen wahrnehmen werden und in welchem Umfang an Unverstelltheit und Entfaltungsqualität sie daraus hervorgehen oder hervorgegangen sind. Zudem bestimmt und gibt sie darüber Auskunft, wie es um die etablierten als auch kommenden gesellschaftlichen Präferenzen bestellt sein wird, wenn sich kein eklatanter Kurswechsel in Bildung und angewandter Pädagogik vollzieht.

Im Besonderen gilt dies für das daraus hervorgehende Schulbildungsprozedere mit seinen relevanten Konzepten und dem bildungsethischen Anspruch, den es an die Eltern, aber in erster Linie an die Kinder und Jugendlichen preisgibt, die jeweils nach Bildungsergiebigkeit, Lernfreiheit und Lernfreiwilligkeit streben. Und genau hier verdeutlicht sich das „Henne-Ei-Problem“ und gleichzeitig die Kernproblematik, worum es diesbezüglich geht.

Dieses Kernproblem diagnostiziert sich in dem Sachverhalt, dass sich der grundlegend gesellschaftliche Charakter einer Gesellschaft in entscheidendem Maße aus der Art und Weise seiner Schulbildungskonzeption und aus seinen pädagogisch-erzieherischen Prämissen hervorgeht. Das bedeutet, so wie ich als bürokratische Administrative die ethische Grundausrichtung einer Schulwelt festlege, so werde ich auch im Ergebnis von ihr profitieren können. Also, wenn ich eine Veränderung einer gesamtgesellschaftlichen Qualität herbeiführen möchte, muss ich mich zuvorderst auf die ethische und moralische Qualität meines Schulbildungskonzeptes konzentrieren, sie überdenken und gegebenenfalls verändern. Um das zu ermöglichen, bedarf es aber gereifter Persönlichkeiten, die über ihren „Tellerrand schauen“ können und dies gerade, wenn sie eine rigide Bildungsprozedur durchleben mussten.

Gerade das Vorhandensein solch einer Problematik stellt einen der wichtigsten Beweggründe und einer der herausforderndsten Initialzündungen dar, die geradezu für das aufwendige Unterfangen plädiert, die ideologische als auch praktische Gesellschaft anhand ihres Schnittmusters zu identifizieren, um sie gegebenenfalls mit einer anderen Daseinsform – der Gemeinschaft – zu konfrontieren, deren lebendigen Grundwerte nicht weniger als Ausgangspunkt für Lehr- und Lernkonzepte dienen können, ja sogar müssen, als die der staatlich-gesellschaftlichen Verallgemeinerungen sowie deren pädagogischen Grundhaltung und Maßstäbe.

In beiden Arten des gebündelten Zusammenlebens, gesellschaftlich als auch gemeinschaftlich, wirken Bildungs- und Schulkonzepte, die bei unvoreingenommenem Hinschauen genau über ihre Abstammung informieren und diese zur Erläuterung bereithalten.

Das bedeutet, eine gesellschaftlich ausgerichtete Schulsystematik und ihr Bildungsanspruch werden sich in Struktur und Auswirkung anders veranschaulichen als eine gemeinschaftlich gelagerte Bildungskompetenz und deren Bildungsstruktur sowie ihres Bildungsangebots.

Die meisten von uns, die in einer staatlich kontrollierten Bildungswelt involviert waren und alle die, die es noch werden oder in diesem Moment sind, haben unter anderem mit den Erfahrungen zu ringen, dass dort nur sehr selten ihre drängendsten individuellen Ansprüche und die der anderen Kinder und Jugendlichen respektiert und durch den Reifungsprozess heraufbeschworene Fragestellungen hinreichend wahrgenommen werden.

Oft, zumeist zu oft, hat sich ein beständiger Widerstand und ein nagendes Unbehagen, entspringend des konventionell staatlichen Schulkonzeptes, des Innenlebens der Schülerinnen und Schüler aber auch der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Pädagoginnen und Pädagogen bemächtigt.

Das politische, institutionelle Phlegma und der sich zunehmend aus einer gerechtfertigten Verhältnismäßigkeit bewegende Bürokratismus, dem rastlosen und energiegeladenen jungen Menschen und einem ambitionierten Lehrpersonal gegenüber, nötigt ihn zu einem individualitätsbrechenden Anpassungsverhalten, welches wiederum die venöse Basis eines gesellschaftlich konventionellen Schulmonopols bildet.

Die Bildungsmöglichkeiten, die sich in solch einer gesellschaftlichen Lehr- und Lernwelt anbieten, haben sich in eine unangemessene Form begeben, und zwar in einen „Verlustangst einfordernden Zwang“, Konkurrenzdenken und in ein „unnachgiebiges Müssen“, hierarchisch von oben nach unten.

Im Vergleich und Gegensatz dazu wird in einem auf Basis einer gemeinschaftlich ausgerichteten Lern- und Lehrwelt aus dem gesellschaftlichen Zwang und dem Müssen ein in die Breite wirkendes, durch Interesse und Begabung provoziertes Wollen.

Zudem haben wir schon sehr frühzeitig in unserer Schulzeit verspüren müssen, was es mit sich bringt, einem Bildungsversprechen, handelnd und funktionierend als konsequent-gesellschaftlich tätige Extremität, angehören zu müssen, indem wir schon bald nach unserem Eintritt in diese Schulwelt die Unterschiede zu unserem eigenen, ganz privaten, also gemeinschaftlichen Ursprung verspüren konnten, der so gar nicht damit in Übereinstimmung zu bringen war und ist.

Schule im Anspruch ihrer Reflexion

Und somit haben wir einen nachvollziehbaren Überblick, was diese beiden Körperschaften betrifft. Die gravierenden sowie gleichwohl kennzeichnenden Charakteristika, die nach Darstellung und überprüfender Wahrnehmung ihrer Disparitäten – sprich Andersartigkeit – erkennen lassen, dass wir ein Schulbild oder besser Schulkonzept im Alltag vorfinden, welches sich nicht an den Werten und dem Umfang einer Gemeinschaft ausrichtet, sondern sozusagen als spiegelbildliche Parallelerscheinung die Entsprechung ihres auf Vereinheitlichung, Produktivität, Verfügbarkeit und Beliebigkeit der Person orientierten gesellschaftlichen Überbaus repräsentiert.

Im gesellschaftlichen Kontext verankert nimmt nun Schule damit offiziell und im allgemeinen ihre Programmatik, eine unverwechselbare und dadurch auffallend exponierte Position durch dieselbige ein. In all ihren aktiven Praxismodellen und Daseinsformen durchzieht sie die öffentliche, also die gesellschaftliche Wahrnehmung und Meinung. Sie befindet sich hierdurch als wesentlicher und weitestgehend anerkannter Bestandteil (… man hat sich an sie und ihren präsidialen Typus gewöhnt …), in ihr und „designed“ nicht unerheblich das Verständnis und die Akzeptanz von Art und Weise, Qualität und Werthaltigkeit, wie Informationsvermittlung, Informationsverarbeitung und akzeptable Persönlichkeitsbildung stattzufinden hat.

Als ein organisierter und definierter Lebensraum, mit einem sehr dominanten und umfangreichen Aktivitätsmonopol sowie einer reizbietenden Lern-, Lehr- und Lebenswelt für Kinder, Jugendliche und Lehrkörperschaft, kommt sie nicht umhin, diesen besonderen Umstand anzuerkennen und ihm Rechenschaft zu tragen. Dass dies leider immer noch nicht im erforderlichen Maße geschieht, lässt sich an der statistischen Faktenlage und den direkten Auswirkungen innerhalb der Gesellschaft, herunter determiniert bis in die Familie, herauslesen und wahrnehmen.

Lernen und Lehren sowie die vielen gleichwohl zahllosen und diffusen Vorgänge, die es dazu machen, bilden im Kern eine komplexe aber festgeschriebene Charta und sind keine vom alltäglichen Sein und der Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen losgelösten oder zu lösende Aspekte, die der vorsätzlichen Komprimierung und Einflussnahme, mit all den daraus hervorgehenden Konsequenzen für die psychische, geistige und physische Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen, bedürfen.

Unter keinen Umständen darf dies dem gängigen und somit gesellschaftlichen Schulkonzept alleinig überlassen werden und als Rechtfertigung und Glaube dienen, die ihm anvertrauten Lerninteressierten und zukünftigen Absolventen unter Anwendung der hauseigenen Grundregeln und des zum Teil antiquierten Verständnisses von Bildungsbefähigung, dahingehend zu legitimieren, nur so fähig zu sein, der anvisierten Karriere und hiermit gerade den gesellschaftlichen Anforderungen gewachsen zu sein.

Allen programmatischen, institutionellen und ökonomischen Gegebenheiten zum Trotz, stellt dies eine ungerechtfertigte, manipulative und gefahrenträchtige Anmaßung dar, die alle natürlichen und ethischen Verhältnismäßigkeiten ignoriert.

Die Schule als Familienmitglied

Eine weitestgehend auf Kostenoptimierung, Profit, Konsum und Status orientierte Gesellschaftsordnung, die uns stets in offensiver aber auch subtiler Form zur ununterbrochenen Tätigkeit und zu einer immer umfangreicheren Mobilität zwingt, sehen wir uns eigentlich nicht mehr hinlänglich in die Lage versetzt, unseren Kindern ausreichend Zeit für Gemeinsamkeiten und freilassende Fürsorge und Bildung durch „unkultiviertes Erfahren können“ zu schenken. Umso brisanter ist die Position, in die die Schule durch die Befürchtungen und Sorgen, gleichwohl auch durch die verständlichen und berechtigten Hoffnungen der Eltern, dahingehend gedrängt wird, die dadurch eine unzweideutige Offensichtlichkeit demonstrieren.

Dem neuen, durch das Gesetz zugepflichteten Familienanteil, der Schule also, wird bedingt durch die scheinbare Unkündbarkeit der im Kern unnatürlichen Situation ein außergewöhnlich großer wie auch kostbarer und leider auch viel zu oft unstrittiger Platz innerhalb der familiären Verantwortungsbereiche zugestanden bzw. eingeräumt.

In dieser beargwöhnten, aber gewollten Anerkennung von Schule als erweitertes Familienmitglied, überträgt Staat, Gesellschaft und Familie der Schule eine der anspruchs- und verantwortungsvollsten familiären Verpflichtungen und sozial wirksamsten Positionen. Leider kann sich Schule innerhalb des gesellschaftlichen Gesetzesrahmens nicht selbsttätig aus diesem ihr aufgebürdeten Pflichtvertrag – erzwungen durch Dritte – entlassen, indem sie das Element der Freiwilligkeit als Ausgleichsgewicht der Pflicht gegenüberstellt und offeriert.

Die Beziehung, die hierbei entsteht und sich über einen langen Zeitraum fortführt, zeichnet sich aus durch einen hohen Grad an ambivalenten Gefühlen und Situationen, die dem Bewusstsein und dem Tatbestand entspringen, für die Aufnahme der Schule in das unverwechselbare Familiengefüge einen Preis zahlen zu müssen.

Eltern, ihre Erfahrungen und Ängste und was

Was bedeutet das für ihre Kinder?

Aus Angst des eventuellen „nicht gerecht werden“ und „schlechter gestellt sein“ oder „nicht Schritt halten können“ der Kinder und Jugendlichen in ihrem zukünftigen gesellschaftlichen Dasein, welches im idealen Fall einen offenbarenden und anschaulichen Rückschluss auf ihr innerstes Selbst zulassen sollte, und bedingt durch den stetig geforderten und expandierenden Umfang an einzuübenden faktischen wie abstrakten Informationen und formellen Verhaltensregeln, den sie unterworfen sind, neigen Eltern in der Position einer sozusagen gesellschaftlichen Vertreterschaft mehr und mehr dazu, das klassisch-konventionelle Lehr- und Lernmodell, wenn auch als fehlerhaft, unangemessen und überholt identifiziert, gleichwohl als alleingültig zu akzeptieren und dadurch zu legitimieren.

Aber auch andere Argumente können dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen, wie zum Beispiel Erfahrungen und Erlebnisse der Eltern aus ihrer eigenen zurückliegenden, zumeist konventionellen Schulzeit und den Schlussfolgerungen, die sich für sie daraus ergaben. Jedoch vermitteln diese Schlussfolgerungen nur selten und allemal auch nur unzureichend ein entsprechendes und realistisches Abbild des damaligen Gefühlsgemenges und der Emotionen, die zudem nur noch als verschwommene Faktizität abrufbar sind, sondern sind eher an dem erreichten sachbezogenen wie auch ökonomischen Status ausgerichtet, der den Rahmen ihrer Lebensweise widerspiegelt; man referiert lächelnd, beschwichtigend und abmildernd dem Nachwuchs gegenüber aus dieser belehrenden Ära.

Dieses in aller Regel beschönigte und beschönigende Erinnerungsdestillat bedeutet in seiner heraufbeschworenen Daseinsform das aktive Weglassen eines der tiefgreifendsten Vermissungsprodukte, nämlich ihre eigentlich gewollte bzw. gewünschte Schulkindheit, die so aber nicht stattfand. Sie hätte sich zusammengesetzt aus ausgelebter Spontanität, bevorzugen können von Inspirationen, respektierter Souveränität, Kennenlernen der eigenen Individualität, das freie Entwickeln können von Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit und das in Anspruch nehmen können von gewollten sowie vorhandenen Möglichkeiten.

Der tragische Ernst, der somit in die Entscheidungsmacht und den Identifikationswillen der Eltern sowie in die Schul- und Bildungskonzepte ihrer Kinder hineinwirkt und in dieser dafür Grund gebenden Rückschau verborgen liegt, verschleiert sich durch das anerzogene sittliche Eingeständnis, alles mit der vorbehaltlosen Rechtfertigung des unendlich vielfach konventionell Bekannten zu tun. Somit kommt es hierdurch zu einer für alle scheinbaren Vereinigung von Rechtfertigung, Zuversicht und Forderung, die besagt, dass ihre Kinder nur so die Entschlossenheit herausbilden können und dadurch in der Lage sind, ein erfüllendes, nach ihren ganz eigenen Vorstellungen gestaltetes Lebenskonzept umzusetzen.

Die allzu notwendige Erfordernis, ein gerechtfertigtes und kritisches Licht auf dieses honiggelb weichgezeichnete, der einstigen Realität entzogene "Selfie" zu richten, intensiviert sich in gleichem Maße, wie es geboten, ja unumgänglich sein sollte, dieses pauschalisierte und generalisierende „Es war gar nicht so schlecht ...“ in seiner in das Diesseits wirkenden exekutiven Tragweite zu erfassen – sozusagen, es unmaskiert und schonungslos „befühlen“ zu können.

Denn, wenn wir das nicht tun, maßen wir uns an, in der begleitenden wie lehrenden Position, also als Familie und Lehrkörper, aber einem Fakir nicht unähnlich, dass unsere waghalsigen Prognosen, meist aus einem egoistischen Impuls heraus geboren, jedoch maßgeblich die Zukunft unserer Kinder betreffend, als zu bestaunende Zeitreise im Moment der Erörterung bzw. Darlegung eine Wirklichkeit vermitteln sollen, die den festen Wert des unweigerlich Kommenden zu repräsentieren haben.

Es entspricht jedoch eher der Realität, dass dieses Vorgehen und Verhalten dazu dient, ein sichtbares und konkretes Ziel vor Augen haben zu können, um Unklarheiten und eventuelle Wahrscheinlichkeiten, also alle „angsterzeugenden“ Unvorhersehbarkeiten auszuschließen, sie quasi schon im Vorfeld zu eliminieren und dadurch einer/ihrer möglichen Existenz vorzubeugen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir einen autoritären Machtbereich generieren müssen und wollen, der dazu dient, Kontrolle über andere Lebenswege, mithin den unserer Kinder, zu erlangen sowie auszuüben. Im Kern heißt das, dass hierbei die Ängste der Eltern und die Ansprüche einer ökonomisierten, technologischen Wirtschaftsgesellschaft auf die Zukunftsorientierung eines jungen Menschen übertragen werden, ohne dass er eigentlich in der Lage ist, sich dem zu entziehen.

Wenn wir jetzt gedanklich ein paar Schritte von diesem allzu täglichen Szenario zurücktreten und als Folge dessen eine neue Sicht auf die Dinge bekommen, werden wir wahrnehmen können, dass sich hiermit die gesellschaftliche Grundstruktur, so, wie wir Erwachsenen sie jeden Tag erleben und leben, in die familiäre Sozialität eingeschlichen hat und zudem durch angepasste Erziehungsmaßnahmen erhalten bleibt.

Das, was Eltern oder Elternteile als Gegenleistung dafür zu erbringen haben, dass die gesetzliche Schulpflicht ihre oft anonymen inneren Ängste, die sie bewusst oder unbewusst auf ihre Kinder übertragen, kompensiert, wiegt unterschiedlich in seiner Bedeutung, Forderung und Konsequenz. Abhängig ist dies von der Machart des schulischen Kanons. Angesichts dessen scheint es umso wichtiger zu sein, das anvisierte Schulkonzept genauestens bezüglich seiner ethischen Werthaltigkeit, seiner humanistischen Kriterien und freiheitlichen Grundverantwortung zu hinterfragen.

Die zelebrierten, in die Zukunft der Kinder schießenden Denkexperimente von Eltern und erweiterter Familie, beschwert mit visionären Endszenarien, die besagen, dass das dargebotene „Dann wird es so und so sein“ genau auf diesem im Voraus Kalkulieren basiert, veranlasst sie, durch eben solch ein verschleiertes Ahnen und Anstreben von eventuellen Möglichkeiten, die zwar für fundierte Vorhersagen nicht ausreichen, aber ihren Handlungs- und Vollzugsprinzipien als benötigte Rechtfertigung dienen, ihren Schützlingen von der eigen- und selbstmächtigen Erprobung ihrer Zukunft abzuraten.

Das, was sich schlechterdings für die Bedeutung und Verantwortung von Schule im konventionellen Sinne als alleinig favorisiertes Bildungsinstrument durch Eltern und Familie, aufgrund des erinnerungsbedingten „Kaffeesatzlesens“, was ihre eigene Schulzeit betrifft, ableitet und sich im Großen und Ganzen vermittelt, scheint zu sein, dass sich Talent, Begabung und schöpferischer Antrieb alleinig und nur durch dosierte und lenkende Unterdrückung der Individualität sowie Versagensängste und Konkurrenzdenken entfalten kann.

Erkenntnis

Nun, diese überaus prägenden und Einfluss nehmenden Welten – Gesellschaft, Gemeinschaft und Familie – repräsentieren für unser Verständnis die wichtigsten, identifikations- und beziehungsfordernden Bezugsquellen in einem kindlichen als auch jugendlichen Dasein.

Eine grundsätzliche Tatsache ist in diesem Zusammenhang, dass die Schule keine Gesellschaft mit festen Attributen und konstituierten Föderationen verkörpern sollte, sondern eine Gemeinschaft darstellen muss, deren grundsätzliche Werte Diversität, Beweglichkeit in allen Bereichen, Lebendigkeit und Zwangsfreiheit sind. Ihre Rechtfertigung, ihr Zusammenhalt und ihr Angebot darf, ganz gleich wie man es begründen oder rechtfertigen mag, niemals der Inanspruchnahme strafender Regularien und Pflichtmonopolen abgenötigt sein.

Das hervorstechendste Merkmal und gleichzeitig das solide Webmuster einer schulischen Bildungsumgebung, die den uneingeschränkten jungen Menschen als oberste natürliche Instanz anerkennt, gründet auf einer Gemeinschaft identifizierender Grundarchitektur, die allen Schülerinnen und Schülern eine selbst zu bestimmende Freiheit und Freiwilligkeit genießen lässt, die des Respekts ihrer Individualität, ebenso wie die der Unberechenbarkeit ihrer Ansprüche und Interessen.

Das bedeutet für uns Initiatoren und die, die täglich mit Kindern und Jugendlichen zusammen sein werden, dass ein weitestgehend naturbelassener junger Mensch in sich eine inspirierende Allianz zwischen einem unbewussten, schwärmerisch fächerartigen Lernempfinden und einem objektiv orientierten Lernwillen beherbergt.

Das bedeutet weiter für uns, dass jeder Mensch seine ganz eigene Denkkapazität, Denkmäßigkeit und Denkverbundenheit in sich trägt, die es ihm ermöglicht, beeinflusst nur von diesen, den Parkour seiner Erfahrungen souverän und konstruktiv zu erleben.

Durch die Wahrnehmung dieses phänomenalen Aktes und durch umfassendes Vertrauen in das Kind oder den Jugendlichen, wird uns der Mut und die Veranlassung in die Hand gegeben, das auf einer Gemeinschaftsform basierende Schulkonzept umzusetzen.

Zu was diese jungen Menschen nach dem Verlassen solch einer Schul- und Lebenswelt in der Lage sind zu tun und was sie hieraus veranlasst, Weiteres zu tun, entzieht sich jeglichem äußeren autoritären Machtanspruch und jeglicher Vorwegnahme durch Vertreter einer gesellschaftlichen Sphäre.

Selbst die Familie und im Besonderen die Eltern werden erkennen müssen, oder haben es vielleicht gerade so erhofft und gewollt, dass ein weitestgehend freier als auch unverfälschter Geist und Wille, eingebettet in einem lebenslustigen, souveränen und subjektivem Individuum, selbstständig seine schöpferische Zielsetzung, die nur seinem unzweideutigen Innersten entspringen kann, erkennt und setzt. Alles daran kann neuartig und dem bisherigen sowie dem schon Existierenden, wie der zugedachten Größenordnung neuer Erfahrungen, unähnlich sein, aber genau hier ist die individuelle und eigendynamische Wesentlichkeit des freien Lernens beheimatet.

Schule und ihre (Not)wendigkeit

Um zu dieser intensiv diskutierten, aber auch gern gemiedenen Thematik einen kritisch gerechtfertigten Zugang zu bekommen, werden wir nicht umhin können, als uns von Schule mit allem, was sie für uns bedeutete und bedeutet, weitestgehend zu distanzieren. Das heißt, dass wir die Erfahrungen, mit denen wir alle sie gefüllt, assoziieren und verstehen gelernt haben als auch dessen, was sie praktisch wie begrifflich zu ihrer Rechtfertigung in sich bündeln, in ein neues anderes Licht rücken werden.

Von diesem ambitionierten Standpunkt ausgehend versuchen wir, Rückschlüsse zu ziehen, die die Verhältnismäßigkeit für Schule als gesellschaftliche Bildungssphäre und Bildungsquelle angemessen gewichtet und fokussiert. Dass wir uns damit in die Nähe einer kontroversen Grundsatzerörterung begeben, ist uns durchaus bewusst. Ziel ist es, ihr nicht von vornherein eine mögliche Unabdingbarkeit während des Heranreifens von jungen Menschen abzusprechen oder sie gar in ihrer gesellschaftlichen Postion zu totalisieren.

Dazu gehört, das zu verstehen, was Schule zu dem macht, was sie ist und die scheinbare Legitimation erkennen lässt, die notwendig ist, sie als selbstverständlich anzusehen. Hierein fallen sowohl ihre fassbaren praktischen als auch kulturellen sowie intellektuellen und sozialen Konsequenzen für das heranreifende Selbstbewusstsein von Schülerinnen und Schüler, und das in Abhängigkeit von der freiwilligen oder erzwungenen Art und Weise ihres Schulbesuches.

Wir werden kritische Überlegungen und Visionen – betreffend die Zukunft von Schule und Beschulung – anstellen bzw. entwickeln, die uns Initiatoren als Denkgerüst dienen, um das Projekt in Form eines unabhängigen Schulkonzeptes umzusetzen.

Aber – und das bleibt die bestehende Herausforderung –, die Sensibilität und Fairness für das Gewesene nicht aus den Augen zu verlieren. Gemeint ist, dass der Boden für konzeptionelle Entscheidungen schulischer Art, auch und vor allem durch das bereitet wird, was wir in aller seelischer Tiefe als unauslöschliche Erinnerungen an diese überaus prägende Phase unseres Lebens in uns beherbergen. Wesentliche Aspekte in diesem Zusammenhang sind die dadurch hervorgebrachte Persönlichkeit und ein identifizierbares Charakterbild.

Vor dieser Aufgabe stehend und trotz oder gerade aufgrund der Gefahr, dass wir bedingt dadurch mehr oder weniger dazu neigen könnten, eine parteiische Position einzunehmen, die aber gleichzeitig einen gemeinsamen Nenner verkörpert, der uns alle vereint, wird es diese ambitionierte Versuchung wert sein, annähernd neutrale Klarheit zu generieren, um Orientierungs-, Diskussions- sowie Handlungsschwerpunkte erkennbar zu machen.

Wenn diese Anstrengung dazu beiträgt, eine informierte und ebenso durchdachte Entscheidung herbeizuführen, die ein klares Pro und Contra im Sinne eines natürlichen und freien Bildungskonzeptes in sich trägt, ist alles erreicht worden, was es zu erreichen gab.

Was sollte Schule ganz grundsätzlich darstellen oder demonstrieren?

Um diese Frage substanziell beantworten zu können, die einer geeigneten Feststellung gleichkommt, müssen wir den Istzustand von Schule, wie er sich im allgemeinen für den Großteil derer, die in herkömmlicher, sprich konventioneller Art und Weise mit ihr in Berührung gekommen sind oder noch kommen werden, in Augenschein nehmen.

Es beschleicht uns eine Ahnung, dass Schule mit ihrem klassischen Lehrverständnis, neben dem Darbieten und Anleiten zum Einüben von Informationen ihr zu verrichtendes Tagewerk darin sieht, als weitläufig entwicklungsbegleitende, strikt normativ-vermittelnde und unterschwellig agierend moralisierende Instanz für jetzige und zukünftige Kinder als auch Jugendgenerationen zu fungieren. In dieser Perspektive erzeugenden Position empfindet sie sich bezüglich ihres Bildungsauftrages angemessen verstanden und möchte sie gerne weiterhin innehaben, aber was nicht zwingend so sein müsste.

Das Problem aber, das hierbei aufgezeigt wird, ist, dass die gesellschaftlichen Grundwerte, wie die Bereitschaft zur Verantwortung, disziplinarische Übereinkünfte sowie sittliche und moralische Wertmaßstäbe, dem steten gesellschaftlichen Fortschrittsdrang unterworfen sind. Somit kommt Schule als Bildungskonzept eigentlich nicht umhin, dies auch für sich anzuerkennen, um in der Lage zu sein, eigene natürliche Akzente setzen zu können, ohne dabei ethische Verhältnismäßigkeiten aus dem Fokus zu verlieren. Dabei muss sie ein differenziertes Bild von sich als Institution und den jungen Menschen, die sie für eine gewisse Lebensspanne umschließt, entwickeln und darf ihre Kritikfähigkeit dem gegenüber nicht vernachlässigen. Die moralische, ethische als auch individuelle Selbstkenntnis und Selbstwirksamkeit der Schülerinnen und Schüler spielt hierbei eine herausragend große Rolle. Das erfordert eine gewisse Selbstständigkeit und Souveränität von Schule an sich, gegenüber ihren administrativen Kontrollinstanzen, die in der Praxis aber leider oft nicht in hinreichendem Maße gegeben ist und wird dadurch zum schweren, weil progressiven Weg.

In der Realität können wir jedoch noch einem weiteren, nicht minder hervorstechenden Problem bezüglich Schule und ihrer aktiven und kritischen Selbstreflexion begegnen. Der so überaus dringliche beziehungseigene Wandlungsanspruch von Schule, hinsichtlich ihrer verallgemeinerten, autoritären und hierarchischen Struktur, also so, wie sie allerorten anzutreffen ist und gesellschaftlich akzeptiert wurde und immer noch wird und sie, die nun gerade diesem Umstand innerhalb und durch die Gesellschaft in der einen oder anderen Weise angemessen entgegentreten sollte, scheint in einem kaum nennenswerten oder erkennbaren Umfang stattzufinden. Somit läuft sie, als respektierte Schulinstanz, Gefahr – und zum großen Teil ist dies auch schon geschehen –, ihre gutgemeinte, hauseigene Handlungskompetenz und ihre Möglichkeiten, hinsichtlich einer individuell abgestimmten Lehrtätigkeit, aus den Händen zu geben.

Es scheint einfacher, als konventionell etablierter Bildungsadministrator anderen Interessen – politischer und wirtschaftlicher Natur – zu folgen bzw. ihnen Vorschub zu leisten, indem man legitimiert durch entsprechend Druck, dem man sich ausgesetzt glaubt, die Gesellschaft im fremden Sinne mitzugestalten. Denn hierbei müssen nur definierte Vorgaben umgesetzt werden. Mit dieser Strategie, die letztendlich darauf abzielt, einen staatlich verordneten Lehrplan unter Auslassung aller erforderlichen Kritik an ihm strikt nachzukommen und dessen konkrete Umsetzung an bürokratischen Gehorsam und finanzielle Abhängigkeit gekoppelt ist, und als Folge dessen die freie, freiwillige und individuelle Entwicklung der ihr anvertrauten bzw. zugepflichteten jungen Menschen dabei rigoros infrage stellt, wird Schule in der Öffentlichkeit leider nicht wahrgenommen.

Weithin gilt Schule im konventionellen Kontext somit als Porträt und Geburtsstätte sowie Dreh- und Angelpunkt der jeweils dirigentischen Gesellschaftsform und verfolgt damit eine unleugbare, mit ihr verbundene und durch sie und ihre übergeordneten administrativen Gremien definierte, technokratische und auf eine sehr fragwürdige Art und Weise attraktive Zielsetzung.

Um dies an einem Beispiel zu veranschaulichen bzw. zu verdeutlichen, würde jetzt im teildigitalisierten Zeitalter die Entsprechung mit dem irrealen Zerrbild eines „gesellschaftserzeugenden 3D-Druckers“ sicherlich nicht so abwegig erscheinen, wie es sich aller Wahrscheinlichkeit nach liest.

Beginnen wir mit der unabdingbaren Software in Form des Bildungsauftrags mit all seinen informellen, bürokratischen als auch politischen Kriterien, die diesem Gerät funktionierendes Leben und Aktivitäten einhauchen, ihm seine Tätigkeitskennziffern vorgeben und ihn in unablässiger, routinierter sowohl detaillierter Effizienz seine Abläufe verrichten lassen. Die Schule an sich würde in ihrer Eigenschaft als erste extern bildende Instanz im noch jungen Leben der Schülerinnen und Schüler die maß- und formgebende Konstruktion sowie den Überbau dieser Apparatur repräsentieren. Als letztes und das ganze Szenario komplettierendes Element muss das benötigte Rohmaterial in diesen Prozess integriert werden, ohne das kein Ergebnis zu erzielen wäre, konsequenter noch, ohne das dieses Aggregat unweigerlich seinen Sinn einzubüßen hätte. Hierfür kommen nun leider nur die Kinder und Jugendlichen in Betracht, sozusagen als „Humangranulat“, welches dem Gerät konsequent zugeführt und einverleibt letztendlich dazu dient, den programmierten Vorstellungen der Entwickler, also Wirtschaft und Politik, die ersehnte Körperlichkeit verleihen zu können.

Bewusst sollte uns dabei sein, dass dieser Prozess ein unumkehrbarer ist und die praktischen sowie die theoretischen Direktiven dieses persönlichkeitserzeugenden und persönlichkeitsmanipulierenden 3D-Druckers nicht nur für ein definiertes Zeitfenster geschrieben wurden, sondern in ihrem Anliegen, ihrer Durchsetzbarkeit und ihrer Effizienz auf endlose Wiederholung konzipiert sind.

Bevor wir uns aber der Gefahr anheimgeben, in den suggerierenden Tiefen dieser virtuellen Realität die Orientierung zu verlieren oder sie gar als unabänderlichen Zustand anzuerkennen, verlassen wir lieber das bizarre Gedankenspiel.

Den Drucker gibt es natürlich nicht, die Schule, in ihrer althergebrachten, somit konventionellen Daseinsform an sich aber sehr wohl. Das hierfür benötigte Engagement, um sie genau dieses Maschinenwerk verrichten zu lassen, wird in Beschaffenheit realer, jedoch lichtscheuer Zähigkeit von Politik und Wirtschaft aufgebracht, die zugleich die Entscheidungsträger und Auftraggeber hinter den Kulissen sind. Somit befindet sich Schule in einer zweckentfremdeten, ungerechtfertigten, spekulativen und dadurch nicht leicht auszumachenden Partnerschaft mit diesen Bereichen des öffentlichen und nicht öffentlichen Lebens.

Der erste bedenkenswerte Aspekt, der dadurch zutage gefördert wird, und zwar gerade hinsichtlich des Zusammenspiels zwischen Schule und ihren übergeordneten Gremien, äußert sich in einem unangebrachten, frappierenden Opportunismus, einer kniefälligen Dienerschaft und ihrer hieraus hervorgehenden gesellschaftlich-zentralistischen Position, also ihre Ausschließlichkeit und als Konsequenz hieraus, aus einer daraus abgeleiteten, vorher justierten gesellschaftlichen Erwartungshaltung und Bejahung.

Der zweite Aspekt, der sich zwangsläufig aus dem ersten ableitet bzw. ihn flankiert, umschließt die Frage, ob Schule in dieser gebieterischen und disziplinarischen Funktion mit dem natürlichen Vorgang des unumgänglichen freien und freiwilligen Lernens, in allgemeiner als auch in deutlicher Art und Weise, in einen zufriedenstellenden Zusammenhang zu bringen ist?

Um sich diesen zwei aufscheinenden Aspekten und der Fragestellung sachlich zuwenden zu können, müssen wir einen kurzen Abstecher in unsere Vergangenheit wagen.

Entspringend einem durchlebten und zumeist schon lange zurückliegenden Schulkosmos, in dem jeder von uns eine in sich geschlossene Personen-Ereignis-Geschichte bereithält, haben wir sofort nebulöse Bilder, Gedanken, Gefühle und hieraus erworbene Eigenheiten zur Hand, die uns die Frage nach der erfolgten Ausgewogenheit zwischen Schule, wie wir sie erlebt und gelebt haben und zwischen der nachvollziehbaren und in Folge umgesetzten Anforderung bezüglich des freiheitlichen und freiwilligen Lernens, in aller Regel mit einem erlernten aber fragilen „Ja“ beantworten lassen; dies jedoch mit einem zumeist unsicheren und skeptischen Gefühl, was uns nichtsdestotrotz dazu veranlasst, diese Zustimmung zu rechtfertigen.

Weitestgehend erfahrungsbedingt haben wir gelernt, Schule als eine der empfindungsforderndsten und standardisiertesten Körperschaften mitverantwortlich für die Gesellschafts- und Bildungsreife so vieler in ihrer Bedeutung, Anfechtbarkeit und gesellschaftlichen Stellung zu akzeptieren.

Mit dem vorurteilsfreiesten, sachbezogensten, durch dies also mit dem höchsten aufgerundeten Näherungswert könnte man somit die These wagen, dass Schule an sich als scheinbar plausibles, gesellschaftspolitisches und bildungsschaffendes Regulationswerkzeug mithin als organisierte Mentoren-Behausung wahrgenommen existiert und durchaus als dieses konzipiert sowie erdacht wurde und in dieser Funktion ihren Dienst verrichtet und weiter verrichten soll.

So etwa auch das Ansinnen derer, die Schule im konventionellen Verständnis als unentbehrlich für den qualitativen Zustand sowie die Modernität und Zukunft einer Gesellschaft nicht nur in Betracht ziehen, sondern sie in letzter Konsequenz dafür verantwortlich machen, ferner somit für unabdingbar halten.

Sie möchten Schule, mit ihrer weithin wahrnehmbaren Bildungskonzeption, um jeden finanziellen und politischen Aufwand gerechtfertigt zu wissen, in der Mitte der heranwachsenden Gesellschaft etabliert wissen. Ihre daraus abgeleitete wie auch grundlegend unethische Aufgabe sieht und hat sie somit in Gestalt ihrer immerwährenden Wiederschöpfer und nicht weniger Außenstehender dahingehend zu verstehen, die konsequente Formung, Ausrichtung und Normierung des noch jungen uneingeschränkt ganzheitlichen Menschen herbeizuführen.

Das bedeutet, beginnend mit dem aus Kindern naturgegebenen Hervorbrechen ihrer frühestmöglichen, pädagogisch beeinflussbaren Prägungs- und Bildungsphase, die systematische und zielgerichtete Disziplinierung ihres affektierten Willens und des interessenmotivierten Lernanspruches in die Wege zu leiten. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die im Kern konzeptionelle als auch thematische Schulung bzw. Konditionierung ihres noch weitschweifenden Geistes gelegt, um ihn kontrollierbar zu machen, zielgerichtet zu forcieren und dies auf Jahre hinaus ohne Unterlass zu betreiben.

Ab diesem Moment, in dem noch unbedarften Dasein eines jungen Menschen, beginnt seine, meist noch uneingeschränkte sowie unbelastete Kindheit, ihre weitestgehend noch unkultivierte Akzeptanz, Brillianz und notwendige als auch naturbelassene Freiheit und Freiwilligkeit einzubüßen; sie wird unwiderruflich zur Schulkindheit.

Das Individuum Kind, nun nicht mehr nur als Persönlichkeit wahrgenommen, sondern als auszubildender Schulkörper geltend, sieht sich mit neuen Werten und wachsenden Forderungen an sich gerichtet konfrontiert, die kaum etwas von seinem bis dahin Erlebten und Durchlebten widerspiegeln, aber es trotzdem nicht unberührt lassen. Es fühlt sich ab sofort auf Verlangen und Drängen der Schulwelt und des familiären Umfeldes genötigt, das Hier und Jetzt seines bisherigen Kinderkosmos zu verlassen und stetig in eine rhetorisch erzeugte und somit abstrakt vorbestimmte Zukunft zu streben. Es wird unglücklicherweise lernen müssen, mit bis dahin ungeahnten Ängsten, Pflichten und hochfliegenden Hoffnungen anderer, die ihm aufgebürdet werden, in erzwungener Koalition seinen neuen Alltag zu verbringen.

Dabei in der eigenen individuellen Gegenwart zu verbleiben, mündet allzu oft in einem vergeblichen wie auch mühevollen Unterfangen. Denn es kann bedeuten, den Anschluss an die eigene authentische Wirkmächtigkeit und die individuellen Kompetenzen zu verlieren, da alles, was nun von ihm als akzeptiertes und gefordertes Schulkind von Familie und Gesellschaft abverlangt wird, scheinbar für ein konzipiertes Morgen unerlässlich scheint und welches erst in einer von anderen geplanten Welt einer eventuellen Berechtigung und bilanzierten Folgerichtigkeit zugeführt werden soll, kann oder sich möglicherweise dort erst erfüllen wird.

Schule und Benotung

Die Vergabe von Noten und Zeugnissen ist die erprobteste und landläufig akzeptierteste Vorgehensweise der herkömmlichen Schulinstanzen allgemein, um zu erreichen, dass sich ihre Schützlinge stets und ständig an einer nebulösen Zukunft abmühen und die ihre Anwendung sowie ihre scheinbare Notwendigkeit angesichts der Folgen für die Psyche von Schülerinnen und Schüler mehr als fragwürdig erscheinen lässt.

Das bedenkenlose und vollkommen unangebrachte Herunterbrechen von Lust, Wille, Talent und Persönlichkeit von Schülerinnen und Schüler auf eine öffentliche, pauschalisierende und schulische Qualitätsordnung von Eins bis Sechs, hervorgebracht und umgesetzt in Form der berüchtigten wie gefürchteten Qualitätsfomulierung – der Benotung, leistet zu den Verhaltenskonzeptionen gegenüber Vorschub, die wir in der Gesellschaft verankert nur in allzu konkreter Form als unterschwellig aggressive Sozialität und rigoroses Konkurrenzverhalten jeden Tag erfahren können.

Die Benotung als Werteurteil tritt dabei an die Stelle des natürlichen Respekts, der Vorbehaltlosigkeit, des Selbstbewusstseins, individueller Interessen und Motivationen sowie barrierefreier Sozialität. Die menschliche Komplexität und Einzigartigkeit wird auf ein Minimum an definierbaren Werten reduziert und verallgemeinert. Der totale Charakter dieses archaischen und gleichzeitig angsterzeugenden Instruments, getarnt als ein an Schülerinnen und Schüler gerichteter pädagogisch zelebrierter Ansporn, ihre Bemühungen zu verstärken, offenbart sich dadurch, dass sich Schulkinder ganz allgemein betrachtet dazu veranlasst sehen, sich ständig zu fordern, um in einem abstrakten, am Status orientierten gesellschaftlichen Ranking, einen der vorderen Plätze einzunehmen.

Letztendlich kulminiert Benotung in einem abgrenzenden Zeugnis, einer formellen sowie diffusen Charakterisierung der Wesenszüge von Schülerinnen und Schüler, mit dem diesbezüglich dazugehörenden Erbringen einer geforderten Selbsteinschätzung, sprich Selbstüberwachungsprotokoll durch die Schülerin bzw. den Schüler, welches in den Rang eines Beweises in Form eines Rechenschaftsberichtes gehoben und bei Erreichen oder Nichterreichen der Zielsetzung als ein die Persönlichkeit deformierendes Werkzeug herangezogen werden kann.

Als wohlfeil und scheinbar einzig gültig propagierte Form der Beurteilung der Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern, angereichert mit dem Anspruch eines allgemein akzeptierten und referenzierbaren Gütesiegels, lässt sie doch nichts anderes verlauten, als die Fähigkeit und den Willen einer Schülerin oder eines Schülers auswendig lernen zu können.

Die Benotung birgt des Weiteren die immense Gefahr in sich, dass dadurch die wirklichen Hoffnungen und Sehnsüchte eines jungen Menschen und nicht zuletzt er selbst nachhaltig und mit unabsehbaren Konsequenzen für seine Selbstwirksamkeit infrage gestellt werden bzw. wird.

Diese willkürliche Komprimierung einer kompletten Individualität auf einen Zahlenwert ist der unweigerliche Ausdruck eines leider vergesellschafteten, angst- sowie frustrations- und aggressionserzeugenden als auch inhumanen Verständnisses, wie und mit welcher Bilanz man Lehr-, Lern- und Lebensinhalte in der Praxis vermittelt sowie einer strukturell unethischen Schulbildung im versuchten technologischen Gleichschritt, die alle ertragbaren und vertretbaren Grenzen nicht nur tangiert, sondern sogar niederwirft.

Mit derartigen Vollzugsstrategien und numerischen Urteilssprüchen weiß sich eine Schule und ihr Konzept nicht zu würdigen und ist auf dramatische Weise ihrer humanistischen, ethischen und qualitätsorientierten Verantwortung nicht gewachsen bzw. ihr in hohem Maße abträglich.

Essenziell bedarf es aber keinerlei autoritär gelagerter und werteorientierter Infragestellung kindlicher bzw. jugendlicher Geschöpfe durch Zensuren, Hausaufgaben, Respekt einfordernden sowie autoritären Frontalunterricht und andersartigen aber gleichfalls fragwürdigen, schulischen Tribunalen hinsichtlich Förderung und Unterstützung ihrer Kompetenzen. Denn das einzige, was durch die Anwendung dieser schon lange überholten, für die Seele und Psyche eines jungen Menschen schmerzhaften Rituale erreicht wird, ist das stete „Einmassieren“ von Gehorsam, Selbstverneinung, Angst und Rivalität in eine noch fragile Persönlichkeit, ohne dass sich der junge Mensch in aller Regel dagegen wehren kann.

Benotung und ihre Folgen

Jegliche schulische Benotung hat eine definierte Strategie, die ihr eine weiterführende Aussagefähigkeit und psychische Nachhaltigkeit verleiht bzw. verleihen soll. Diese Strategie hat eine Urheberschaft und folgt in letzter Konsequenz dem Konzept der Instanzen – erkennbar als Politik und Wirtschaft, die diesen begrifflichen Vorgang mit Exekutiven ausgestattet haben. Der Kern dieser Strategie besagt, dass Schülerinnen und Schüler durch hierarchisch über ihn positioniertes Fachpersonal mit einer für sie gedachten, kategorisierten, künstlichen als auch statischen Selbstkenntnis auszustatten sind, die auch nach Verlassen der Schulwelt durch nichts in ihrer Gültigkeit als eigene Bezugsgröße ersetzt werden kann. Dabei wird vollkommen außer Acht gelassen, zudem wissentlich und vorsätzlich ignoriert, dass sich das junge und individuelle Dasein ohnehin während seines kindlichen und jugendlichen Heranwachsens in einem ununterbrochenen, ambivalenten, dynamischen und korrelierenden Wertigkeits- und Prioritätenaustausch mit seiner Umwelt und seinem Umfeld befindet, so dass Kinder und Jugendliche nur selten im Unklaren darüber verbleiben, welche individuellen und mit Talenten angefüllten Ressourcen und Qualitäten ihnen eigen sind.

Die zumeist psychischen Schäden für diejenigen, die diese Disziplinierungs- und Ordnungsprinzipien durchlaufen mussten und ihnen nicht standhalten konnten, können tagtäglich als gesellschaftliche Merkmale wahrgenommen werden, die unter anderem sind:

  • • Verlust- als auch Verarmungsängste,
  • • Aggressivität, Ungeduld und Teilnahmslosigkeit,
  • • emotionale und psychische Instabilität,
  • • Voreingenommenheit und Intoleranz,
  • • Unzufriedenheit und ständiges Streben nach Anerkennung,
  • • unzureichend entwickelte Fähigkeiten zur Selbstorientierung und Emanzipation von unethischen Fremdforderungen,
  • • unterdrückter Wille zur Selbsterfüllung,
  • • gedämpfte positive Lebenseinstellung – Empfinden des Daseins und Soseins als Belastung,
  • • Autoritätsglaube und -gehabe als auch Autoritätshörigkeit,
  • • profitorientierte Manipulierbarkeit und Status orientierte Lebensqualität,
  • • konkreter Vorsatz, heranwachsende Gefühlslagen, gesteuert durch ein empfundenes Minderwertigkeitsempfinden, durch gesteigerten An- bzw. Zugehörigkeitswillen zu kompensieren,
  • • mangelhafte Kritikkompetenz gegenüber praktischen als auch abstrakten gesellschaftlichen und politischen Regularien in Bezug auf ihre Voraussetzungen und Folgen,
  • • unausgeprägter Altruismus, distanziertes Empathieempfinden und fragiles Solidaritätsgefühl,
  • • negativer Egoismus, latente Selbstüberhebung, Selbstüberschätzung und unterschwellige Missgunst,
  • • latenter Erschöpfungszustand, Depressionen
  • • zunehmend nur noch rethorische Beziehung zwischen Mensch und Natur,
  • • ausgedünnte Nachhaltigkeitskompetenz in alltäglichen Bezugsgrößen, zum Beispiel hinsichtlich eines soliden Solidaritäts- und Sozialitätsempfinden sowie Verantwortungsbewusstsein,
  • • an Selbstverständlichkeit grenzende Bereitwilligkeit zur Übernahme fremder Weltbilder.
  • • permanentes und aggressives Konkurrenzverhalten.

Und doch hofft jeder, und hierbei sind besonders die Eltern zu benennen, dass sich jeweils die eigenen Schützlinge durch den Pflichtbesuch einer Schule, die die Benotung als pädagogisches Instrumentarium integriert und in den Vordergrund gestellt hat und letztendlich für derlei Gefahren für die Psyche von Kindern und Jugendlichen mitverantwortlich ist, sich nicht in den Anforderungen einer Gesellschaft verlieren, die vorrangig für und durch Erwachsene konzipiert sind. Das beinhaltet auch den Wunsch, nach einer erfolgreichen, aber in ihrem Kern nervenaufreibenden als auch kraftzehrenden Absolvierung der schulischen Karriere, in der Lage zu sein, die angestrebten Qualifizierungsbausteine passend aufeinander zu fügen, dadurch Aufstiegschancen zu ergreifen und eskortierend hernach den davon abhängigen Respekt des familiären und gesellschaftlichen Umfeldes in Anspruch nehmen zu können.

Schule und ihr Status quo

Allen Erkenntnissen zum Trotz, dass Lernen ein natürlich angelegter immerwährender, in seiner Fühlbarkeit überaus intimer und persönlicher Prozess ist, der nur selten und dann nur unter Wahrung von elementar-ethischen Gesichtspunkten und unter Einhaltung aller humanistischer Grundbedingungen mit künstlichen Kennziffern angereichert und qualifiziert werden kann, hat sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein durch und durch konventionell verallgemeinertes Schulbild und Lehrprozedere entwickelt, eingebürgert und manifestiert, welches sich in weiten Teilen seiner Konzeption dieser Erkenntnis gegenüber anachronistisch ausnimmt. Dieses vermag sich einer grundlegenden Infragestellung, betreffend ihrer Form, Konsistenz und Gültigkeit und der daraus entspringenden Eigenschaftspraxis sowie ihrer rapiden Überalterung, funktionellen Schieflage und sozialitätsbezogenen Widersprüchlichkeit, nicht mehr zu entziehen.

Als institutionelles sowie hierarchisch ausgerichtetes Disziplinarium hat es sich in seiner vorherrschenden Struktur, deren Qualität es selbst erheblich mit herausbildet, organisiert und stabilisiert, zwischen Familie und erwachsener Gesellschaft, als belehrend regulatives, schaffendes und zugleich statisches Bildungsinstrument fungierend, eingenordet.

Von dort aus kommt es mit aller sach- und fachbezogenen als auch eigenbrötlerischen Konsequenz seiner gesellschaftspolitischen Vorbestimmung nach, den Eltern und Familien die Forderung, als nicht zu entbehrenden Umstand verständlich zu machen, dass ihre Kinder mit dem ersten Tag, an dem sie mit diesem konkreten Phänomen in Berührung kommen, dort, mit und in ihm einen großen, aber vor allem den maßgebenden Lebensabschnitt ihrer Kindheit und Jugend verbringen werden. Und dieses Mittel dazu heißt Schulpflicht, also, ob sie es wollen oder nicht!

Das konventionelle Schulkonzept umfasst somit in all seiner administrativen Mehrschichtigkeit, aber mit nur einem sehr begrenzten, an das Individuum gerichteten Anpassungsvermögen, den steten Akt einer kompromisslos deindividualisierenden Ambition.

In Anbetracht seiner erzwungenen, belehrend dogmatischen Frontalstellung innerhalb einer Gesellschaft, vor allem mit westlichem Kultur- als auch Technologiegepräge, wähnt sich die klassische Schulkonzeption und die Institutionen, die ihrem Erhalt dienen, auf einem postamentartigen Unterbau, der sie jeder neuen und überaus gerechtfertigten bildungsethischen Infragestellung als auch nötigen Modernisierung zu entheben scheint.

Von Kindern und Jugendlichen wird dies jedoch oft nur schwerlich akzeptiert bzw. hingenommen, mündend bis in vollkommenes Unverständnis, dass sie an so einem Ort, in so einer scheinbar unentbehrlichen, unabdingbaren und eindimensionalen Institution, in so einem Etwas sein müssen, um einem für sie unverständlichen staatlichen Bildungsauftrag und der damit einhergehenden Gesellschaftskonformität Genüge zu tun, welches sich im Grad ihrer Angepasstheit, ihres Bildungsniveaus und ihrer Motivation erkennbar zeigt. Hinsichtlich dieser Problematik fordern immer mehr Eltern eine Abkehr vom Schulzwang hin zur Freiwilligkeit und hin zu mehr individuellen Bildungskonzepten.

Im Hier und Jetzt jedoch scheint aber fast jeder Preis und nötige Aufwand seitens der Politik und der Wirtschaft gerechtfertigt, um der nachvollziehbaren Kritik von Eltern und Familien, Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. Somit steht es den meisten Kindern und Jugendlichen angesichts der Schulpflicht weiterhin nicht offen, sich dem, in aller Regel über einen Zeitraum von acht bis zwölf Jahren andauernden Bildungsmanöver und pädagogischen Exerzitien zu entziehen, um ein ihrer Persönlichkeit entsprechendes und entgegenkommendes Bildungskonzept wahrnehmen zu können.

Das Ziel dieser staatlich verordneten Bestrebung ist, dass sich das interessierte Kind bzw. der gewordene Schüler von seinen wesenseigenen, intuitiven, natürlichen und lebendigen Lernmechanismen bzw. Lernmethodiken lossagt oder sie zumindest infrage stellt, um einer verallgemeinernden als auch verallgemeinerten formalen Plattform Raum zu geben. Von dieser Basis ausgehend, kann und soll ein vollkommen abstraktes, also theoretisches und gleichzeitig gesellschafts- als auch wirtschaftskonformes und um so mehr willkürliches Lerndiktat seinen zweifelhaften Dienst verrichten.

Das bedeutet, dass das vorherrschende Schulbildungsmodell sich in einer alleinigen werte- und regelsetzenden Position sieht, aus der es die Rechtfertigung für sich ableitet, Lehren und Lernen und alles, was sich damit für den wissenseifrigen jungen Menschen verbindet, also seine individuellen Vorlieben, Eigenschaften und Ambitionen, seinem lebendigen Lebensraum und seinem weitestgehend intuitiven Tätigkeitsmilieu zu entnehmen. Diese nun freie Sphäre wird unter Auslassung der Gefahren für das Empfinden, Verständnis und Wollen vom bewussten und unbewussten Lernen im Kind, mit oft nur vorgedachten sozial- und bildungspolitischen sowie erziehungs- und belehrungspädagogischen Methodiken gesättigt.

Schule – Gefahren und Statistik einer konventionellen Konzeption

Untrennbar in der Begrifflichkeit „Belohnende Karriere“, die als willkommene Entschuldigung und scheinbar unvermeidbare Motivation für all die Mühen und Qualen immer wieder herangezogen wird, die eine unangemessene Schulkonzeption hervorruft sowie auch für eine Art von vorweg genommener Lebensbeschreibung stehen könnte, tummeln sich somit alle Anforderungen, Vorstellungen sowie Maßstäbe, die nur für eine ökonomisch-konzipierte, fiktive Zukunft gelten sollen, aber in der fassbaren, istzeitigen und quirligen Welt des Kindes und der Jugendlichen nichts bedeuten.

Leider – und das nicht nur im schlimmsten Fall, sondern entsprechend dem täglichen Geschehen – verlassen die Jugendlichen nach Beendigung ihrer Schulzeit diesen elementaren, weil substanzerzeugenden Abschnitt ihres Lebens als Produkt eines vieljährigen, willentlich und obendrein unnachgiebig an ihnen durchgeführten Dressuraktes. Man hat ihnen dadurch eine präzise, durch Normierung und Maßregelungen gekennzeichnete Position zugewiesen, die nur selten einen, nämlich ihren individuellen Charakter hervorzubringen vermag oder stimulierend auf sie bzw. ihn wirken könnte.

In diesem Zusammenhang durchgeführte Studien geben in dezidierter Form abrufbare Fakten an die Hand, die besagen, dass etwa 10 % bis 20 % aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland, ausgehend von 8,35 Millionen Kindern und Jugendlichen (Stand 2018) an allgemeinbildenden Schulen, mit konventionellem Bildungswesen, psychische Störungen aufweisen, die hervorbrechen in der Art und Weise, wie:

  • • Aufmerksamkeitsdefizite,
  • • Hypermotorik,
  • • massive Probleme mit erforderlicher Selbstorganisation,
  • • gravierende Defizite, sich adäquat zu konzentrieren,
  • • eingeschränktes Denk- und Antriebsvermögen,
  • • Angst-, Ess- und Schlafstörungen,
  • • unterschwelliges, aber latentes Minderwertigkeitsempfinden, einhergehend mit einem unangemessenen Verständnis von Schuld und Scham,
  • • und vor allem, Depressionen.

Dabei erkranken statistisch gesehen Mädchen doppelt so häufig und die Gefahr der Ausbildung dieser Störungen zu chronischen Erkrankungen ist eminent.

Einen besonderen Stellenwert nimmt hierbei das sich im Laufe der Schulzeit entwickelte Sozialverhalten ein. Wenn sich Schülerinnen und Schüler während ihres mehrjährigen Aufenthalts in der Schulwelt nicht frei und ungehemmt bewegen als auch entfalten können, leidet dementsprechend und proportional dazu ihre soziale Partizipationsfähigkeit bzw. reift zu einem verstümmelten Gegenstück heran.

Das drückt sich aus in:

  • • einem unterentwickelten und distanzierten Sozialempfinden –Problem mit Solidarität und sozialer Anerkennung, äußert sich unter anderem auch in einem verhaltenen Zugehörigkeitsbewusstsein, sprich eigen gewählte Isolation oder aktiver Opportunismus,
  • • einem nur flüchtigen und instabilen oder auch zwang- bzw. krampfhaften Gemeinschaftswillen,
  • • Identitätsprobleme, sprich die eigene Identität durch eine selbst definierte, auf die gesellschaftlichen Erwartungs- und Konformitätsparameter abgestimmte digital-charakterliche Präsenz zu ersetzen (siehe „soziale“ Netzwerke),
  • • allgemeine emotionale Problematik – unangemessene Gefühlslagen (aggressiv, defensiv ...) in angespannten Situationen,
  • • einem unnatürlichen Respektempfinden,
  • • einem latent unterschwelligen hohen Aggressionspotential,
  • • allgemeine Kommunikationsprobleme,
  • • inadäquate Wahrnehmung der eigenen charakterlichen und moralischen Position innerhalb einer Gemeinschaft.

Das sind somit mehr als nur duldbare Warnsignale oder fremderworbene Symptome, die zu vernachlässigen sind. Gerade wegen ihrer unzweideutigen Referenzierbarkeit sind das unmissverständliche, aufschlussreiche und handlungsfordernde Mahnungen und resultieren zum maßgeblichen Anteil aus dem gängigen Schulbetrieb.

Wenn wir diesen umfassenden und signifikanten Sachstand leugnen oder ignorieren, machen wir uns unwiderruflich mitschuldig an den Folgen, die durch dieses politisch gleichwohl bürokratisch durchgeführte, monotheistische und auf Hierarchien aufgebaute Bildungsprinzip hervorgerufen werden.

Lehrerinnen und Lehrer sowie Pädagoginnen und Pädagogen, welche in diesem Bildungskonzept ihrer Tätigkeit nachgehen, sehen sich jeden Tag aufs Neue mit diesen Problematiken konfrontiert, versuchen jedoch ihr Möglichstes, den charakterlichen und individuellen Besonderheiten ihre Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. In Anbetracht des Umstandes, dass sie sich zudem zwischen den administrativen Forderungen der Schulleitung und den kalkulierten Ansprüchen der Eltern, die für ihre Kinder gelten sollen, positioniert sehen, bleibt ihnen für ihre dahingehenden Bemühungen nicht allzu viel Raum und Zeit.

Hiernach ist dieses vergesellschaftete Schulbildungsszenario prinzipiell nicht im Sinne einer freien und emanzipierten Entwicklung sowohl Entfaltung des heranwachsenden Kindes und von Jugendlichen und bedeutet einen strukturellen und zudem schon historisch wiederholt begangenen Irrweg, im Verständnis der Notwendigkeit von Schule. Zumal und vor allem deren Sinnhaftigkeit sollte sich im eigentlichen Sinn nur darin entfalten, als fürsorgliche, gegenwärtige und lehrende Informations- und Lebenswelt zur Verfügung zu stehen, und das bedeutet für ihre Daseinsberechtigung, lediglich ein neutrales Reagieren auf Nachfrage und keineswegs als Voraussetzung von Nachfrage zu fungieren.

Wenn wir dies nach aller distanzierten Inaugenscheinnahme bedenken, stellen sich zwangsläufig folgende grundsätzliche Fragen:

  • ⇒ Welchen Preis sind wir bereit dafür zu zahlen?
  • ⇒ Welche Konzessionen sind wir bereit einzugehen?
  • ⇒ Welche Prinzipien sind wir bereit zu leben, damit das Glück, die geistige, seelische sowie die physische und psychische Unversehrtheit unserer Kinder – welche unzweifelhaft davon berührt wird und immer größte Priorität haben sollte, in allen Momenten ihrer Schulzeit, also in ihrer Kindheit und Jugend – im Vordergrund verweilen kann, ohne Schaden zu nehmen?
  • ⇒ Haben wir vor allem grundsätzlich hinreichendes Vertrauen in ihre Selbstständigkeit und in das nur von ihnen autorisierte Entwicklungscharakteristikum?

In Anbetracht dieser überaus gerechtfertigten Fragestellungen und mit dem bedingungslosen Anspruch des freiheitlichen und freiwilligen Lernens sollten wir zu der Erkenntnis kommen, dass Schule kein künstliches technologisches Aggregat sein darf, das einmal kalibriert, die installierten Werte und Normen in fortdauernder Folge bis zur Unkenntlichkeit reproduziert und nur der unausweichliche Verschleiß und notwendige Verfall diesem automatisierten Prozess ein Ende bereiten kann und muss.

Schule – ein (not)wendiges Bildungskonzept?

Schulbildung ist bloß eine von unglaublich vielen existierenden sowohl denkwürdigen Lehr- und Lernkonzepten. Als das sollte sie sich auch verstehen, um visionäre Ideen, realisierbare Möglichkeiten und Daten zu Informationen und Erfahrungen werden zu lassen; und sie ist eigentlich weitaus seltener notwendig als man gemeinhin annimmt.

Wenn dies, also sie, jedoch der Fall ist, ihr demnach eine potenzielle Bestimmung zugestanden wird, sollte sie ein Zeugnis nicht hierarchischer, vorurteilsfreier, optimistischer und enthusiastischer Wahrnehmung und Annahme des wissbegierigen, affektierten und reifenden jungen Menschen sein, der durch das freie Selbsterkennen und Erfahren der eigenen Voraussetzungen und Ressourcen kein Wagnis eingeht.

Wird sie dann mit wertfreier Begehrlichkeit konsumiert, getätigt und belebt, muss sie ein Genuss sein für Schöpfer und Schüler. Alles andere ist vage und bedarf einer fürsorglichen als auch kraftvollen Kritik. Mit diesem Prinzip, mit dieser Charta kann, sollte und muss sich Schule in einer generationen-, nationen- und kulturübergreifenden Grundausrichtung begreifen.

So gesehen könnte man ihr eine gewisse Notwendigkeit unter Anwendung aller unabkömmlichen als auch federführenden Vorsicht, diskutablen Bedenken und unter Auslassung einer gesellschaftlich-zentralistischen Position anheimstellen.

Schule als lehrendes Familienmitglied?

Aber noch ein weiterer, nicht minder prekärer und zunehmend bedeutungsvoller Umstand drängt in den professionellen und erforderlich sensiblen Verantwortungsbereich von Schule an sich.

Mit zunehmender Abwandlung von der klassischen Mehrgenerationen- und Mehrkindfamilie, die in sich schon eine gewisse, wenn nicht sogar eine fundierte Sozial- als auch Gesellschaftskompetenz beim heranreifenden Kind erzeugte und zur Erprobung bereithielt, hin zu einer isolierten identitätssuchenden „Dreipersonenzelle“, einem neuen Familientypus, gerät Schule mehr und mehr in die waghalsige Position der erweiterten Familienbande mit sozialitätsgründenden Eigenschaften.

Hieraus resultierend wird ihr, der Schule, mit zunehmender Akzeptanz und wohlwollendem Selbstverständnis, sozusagen als willkommener Nebeneffekt, die Herausbildung von gesellschaftskonformer, gesellschaftserzeugender und gesellschaftstauglicher Sozialkenntnis und Fähigkeit bei Kindern und Jugendlichen übertragen bzw. abverlangt.

Dieser Tatbestand erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein seitens etablierter sowie alternativer Schulinstanzen und ihrer Bildungskonzeptionen. Im Idealfall ziehen Schule und Familie an einem Strang und bilden eine interaktive und transparente Bildungs- und Fürsorgepartnerschaft.

Das heißt, die Schule darf kein teilungsunfähiges Konstrukt sein, welches sich nach außen abschottet und im Gegenzug nach innen kehrt, angetrieben durch die bewusste oder unbewusste Intention, sich aus der ethischen Grundverantwortung gegenüber Familie und Schülerschaft zu lösen, um unbeeinflusst und unbeobachtet seinen bürokratischen, politischen und vor allem wirtschaftlichen Sachzwängen nachkommen zu können.

Schule – von (Not)- zur Wendigkeit!

Was wäre zu tun, bei bleibender Schul- also Bildungspflicht in Deutschland, die fundamental dem Recht auf individuelle Bildung entgegensteht, so wie es im Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 verankert ist, um den jungen Menschen in seiner Komplexität und Einzigartigkeit mit all seiner naturgegebenen interessengesteuerten und eigenmotivierter Entschlossenheit nach Erkenntnis zu respektieren und zu unterstützen?

Die Antwort kann nur lauten – Modernisierung, und zwar indem der Blick wieder auf den Mensch an sich, auf seine Einzigartigkeit und Ganzheitlichkeit, weg vom Leistungs- und Konformitätsgedanken einer zunehmend aus dem uralten Bündnis Natur-Mensch fliehenden Gesellschaft gelenkt wird. Das bedeutet, dass Schule wieder eine Lebens- und Bildungswelt werden muss, in der sich Ethik, Natürlichkeit, Tradition und Innovation gegenseitig unterstützen und ein gleichwichtiges Miteinander eingehen können.

Modernisierung bedeutet aber auch, den kindlich intensiven und vor allem über die Jugendzeit quirlig andauernden, sich selbst modifizierenden Prozess des passiven, somit unbewussten Lernens vorbehaltlos zu respektieren und anzuerkennen.

Parallel muss das aktive, somit bewusste wie unbewusste Lernen mit affektiver und impulsiver Zurschaustellung des intrinsisch Verarbeiteten als wichtigste und gleichwohl potenteste Urform der Selbstinformation anerkannt als auch seine bedingungslose Unantastbarkeit unter allen Umständen vorbehaltlos respektiert und umgesetzt werden.

Dabei darf nicht vergessen werden, dies als rudimentären Ausgangspunkt für die dringend notwendigen Umstrukturierungen anzunehmen und zum anderen, die ängstliche Benommenheit gegenüber alternativen Lern- als auch Lehrmaximen fallenzulassen und den durch Politik und Wirtschaft subventionierten Protektionismus gänzlich aufzubrechen, um sich in aller Offenheit und Zugewandtheit, in einen freien Werte- als auch Funktionsdiskurs, also in einen eigenen und vor allem freiwilligen Selbstbildungsprozess mit all den anderen Bildungsanbietern, begeben zu können.

Statistik und Fazit

Derzeit müssen 8,35 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland die Schule durchlaufen. Das heißt, 8,35 Millionen mal stellt sich die berechtigte Kernfrage nach Sinnhaftigkeit und Existenzberechtigung von Schule an sich.

Das bedeutet für Politik, Schuladministrativen und Schulinitiativen, Lehrkräfte, Pädagogen, Eltern und Gesellschaft die immense Herausforderung, die sich damit verbindet, mit dem außerordentlichsten Beantwortungswillen anzunehmen, um eine respektable Verhältnismäßigkeit zu generieren.

Daraus ableitend müssen wir ganz real 8,35 Millionen mal in der Lage sein, Kindern und Jugendlichen, frei von Autoritätswillen und Machtanspruch, frei von Ignoranz, Ungeduld und Vorbehalten in ihrem schulischen Alltag, an die Seite treten zu können. Wir müssen offen sein für ihre Einzigartigkeit, ihre Interessen, ihre Ansprüche, ihren Kummer und ihre Kritik. 8,35 Millionen mal müssen wir ihr Vertrauen gewinnen und rechtfertigen, in ihre ereignissuchenden und zukunftsverheißenden Augen schauen können, ohne dabei schambeladen den Blick senken zu müssen.

Schlussendlich können wir dem thematischen als auch praktischen Fazit zustimmen, dass Schule ein wichtiges gesellschaftliches Element sein kann, wenn sie ihre eventuelle Notwendigkeit dahingehend erfasst, als schützender und inspirierender Hort zu dienen. In einem solchen Umfeld darf es unter keinen Umständen geschehen, dass ein noch junger, unbekümmerter und talentierter Geist durch ihr angewandtes Bildungskonzept erniedrigt wird bzw. sich erniedrigt fühlt oder sich vor ihr durch autoritären Druck erzwungen, verbeugen muss.

Sie, die Schule, in all ihren unterschiedlichen Daseinsformen, muss für jeden jungen Menschen eine schrankenlose Sphäre bereithalten, welche es ihm ermöglicht, sich und seine Umwelt uneingeschränkt erfahren und erproben zu können. Sie muss unter allen Umständen ihre Aufgaben und Verpflichtungen dahingehend erfassen, Kindern und Jugendlichen dabei zu helfen, ein tragfähiges Fundament zu generieren, auf dem ihre selbstbestimmte Identität und Zukunft entstehen kann.